Resilienz und die Suche nach den Schuldigen

Hillary Clinton: Das erste Interview „danach“

“I am passionate about the unfinished business of the 21st century: the rights and opportunities for women and girls.”

Das ist die Antwort, die Hillary Clinton heute auf die Frage gibt, ob sie sich noch einmal dem Stress eines Wahlkampfes aussetzen möchte.

Das erste Interview, dem sich die ehemalige Präsidentschaftskandidatin nach dem 8. November 2016 gestellt hat, hat sie meinem Lieblingskolumnisten der «New York Times», Nicholas Kristof, gegeben. Er geht behutsam mit der Verletzten um, ohne auf kritische Fragen zu verzichten. Und sie zeigt die Eigenschaft, die eine so Kampfbereite mitbringen muss: Resilienz = Stärke, die man nach einer Niederlage zeigt, aus der man seine Lehren gezogen hat…

Lesen Sie, wo sie die Schuldigen für diese Niederlage ausmacht, wo sie sich auch selbstkritisch äussert und was sie Frauen rät, die in die Politik gehen – etwas, was sie natürlich voll befürwortet .

Ihr Interviewpartner hat sie als freie Frau erlebt, befreit von Wahlkampfzwängen, e-mail-Debatten und Selbstverteidigungsmanövern. Und da ist auch noch die Geschichte mit ihrem Namen, der Kristof viel Bedeutung beimisst:

  • „After our interview we walked backstage together to sign a poster for Women in the World, and she scrawled: Hillary Rodham Clinton. Free at last!“

Ein paar Tage nach diesem Interview ist ein neues Buch zu ihrem Wahlkampf herausgekommen: «Shattered: Inside Hillary Clinton’s Doomed Campaign» (vorerst nur auf Englisch). Das Fazit der beiden Journalisten Jonathan Allen und Amie Parnes in ihrer Abhandlung des amerikanischen Wahlkampfes 2016  lautet allerdings etwas anders als die Einschätzung von Hillary Rodham Clinton: Sie sehen Führungsfehler, Fehleinschätzungen und verpasste Chancen innerhalb des Wahlkampf-Teams als Ursachen für die Niederlage. Man bemüht sogar die «Titanic»-Metapher:

  • „In fact, the portrait of the Clinton campaign that emerges from these pages is that of a Titanic-like disaster: an epic fail made up of a series of perverse and often avoidable missteps by an out-of-touch candidate and her strife-ridden staff that turned “a winnable race” into “another iceberg-seeking campaign ship.”

Die professionelle Analyse eines Desasters, das offenbar viel mehr Menschen als bisher angenommen, kommen sahen – besonders lesenswert, wenn man bereit ist, die entsprechenden Lehren daraus zu ziehen.