EUROPA? EUROPA!
Aus Anlass des Europatags 2016 habe ich mich wieder einmal festgelesen in einem meiner Lieblingsbücher. Vielleicht finden Sie es noch in Ihrem Bücherregeal; wenn nicht, dann hoffentlich in Ihrer Leihbibliothek: «Experiment Europa» (dva, 2003). Es enthält eine aus meiner Sicht besonders interessante, lesbare Sammlung von Essays zu verschiedenen geschichtlichen Aspekten Europas.
Darin finden Sie auch ein Kapitel zur europäischen Epoche der Aufklärung mit dem Titel “Das Glück der Gemeinschaft”, geschrieben von dem amerikanischen Kulturhistoriker Robert Darnton, damals Professor für Europäische Geschichte an der renommierten Princeton University. Er beendet das so:
Die Europäer können Mut daraus schöpfen, dass Europa schon lange als kulturelles Gebilde existierte, bevor es zur monetären Zone wurde. Wenn sie sich ihre Geschichte bewusst machen, werden sie verstehen, weshalb sie die Menschenrechte verteidigen müssen. Nicht, dass die Geschichte Lektionen erteilt, doch sie zeigt, wie der Zivilisationsprozess den Kampf gegen die Barbarei ausgelöst hat. Dieser Kampf ist noch nicht vorbei, die Europäer haben noch immer Anlass für den Aufruf [der Französischen Revolution von 1789]: «Ecrasons l’infâme!» (Lasst uns die Niedertracht zermalmen!).
Robert Darnton
April 2016: Shakespeare und die Wissenschaft
Shakespeare (wer immer das war) ist tot. Seit 400 Jahren. Es lebe Shakespeare!
Wer war er nun, der Grosse von Stratford-on-Avon? Wir wissen es immer noch nicht, aber der 400. Todestag am 23. April hat wiederum zu allen möglichen Theorien Anlass gegeben. Eine der interessantesten brachte brachte die britische Zeitung MIRROR ins Gespräch:
Könnte es sein, dass die „Shakespeare“-Stücke von einer Frau verfasst worden sind?
Die Offenbarung, dass eine Frau Shakespeares Stücke geschrieben hat, hätte die damalige Gesellschaft in den Grundfesten erschüttert. Trotzdem: Eine Vermutung geht dahin, dass es sich bei der Verfasserin um Amelia Bassano Lanier handelt, einer Dichterin am Hof von Elizabeth I., die in einigen seiner Sonnette als “The Dark Lady” vorkommt.
Warum gerade sie? Sie war eine Zeitgenossin und eine begabte Dichterin. Besonders wichtig: Sie kam aus einer begüterten Familie, aus der besseren Gesellschaft also, und war vertraut mit Sprache und Gebräuchen dieser Gesellscchaftsklasse. Zusätzlich hatte sie Hebräischkenntnisse und kannte Italien, wo viele Shakespeare-Stücke spielen, denn sie kam aus einer Familie von venetianischen Juden, die nach London übersiedelt waren.
Werden wir je wissen, ob es DEN Shakespeare, den wir „kennen“ und verehren, gegeben hat, oder ob er als Strohmann fungierte für jemanden, von dem die Gesellschaft nicht wissen durfte, dass er ein Stückeschreiber war? Lassen wir die Wissenschaftler weiter forschen, aber inzwischen kann man staunen, wie zeitlos die Stücke sind – und wie wenig die Menschheit sich verändert hat.
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